Das Modell im Roman

Zu einer vollständigen Dokumentation der Vorgeschichte des Modells der KFJ würde natürlich ein Nachweis gehören, wo genau das Modell während seiner Wiener Zeit gestanden hat. Ich habe bislang mehrere Adressen von Niederlassungen der Austro-Americana und der für sie tätigen Agenturen ermittelt, darunter die Maison de France, Wien I, Schottenring 3 und ein Haus an der Ecke Kohlmarkt und Graben. Weiter bin ich leider nicht gekommen. Ich hoffe aber, irgendwann einmal ein Foto der Geschäftsauslage oder des Ladeninneren zu sehen, auf dem das Modell zu erkennen ist.

Einen besonderen Anreiz dafür liefert ein Lektürefund, den ich – reiner Zufall! – unmittelbar nach Fertigstellung des Modells im Sommer 2013 machte, als ich nach Jahren erstmals wieder den Roman „Die Strudlhofstiege“ des österreichischen Autors Heimito von Doderer las. Der Roman wurde 1951 veröffentlicht, ein Teil der Handlung spielt in den Jahren vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, ein anderer Teil in den 1920er Jahren. In einer Szene versuchen ein paar junge Männer zu ergründen, warum eine Bekannte vor Jahren ohne Abschied und spurlos verschwunden ist. Man rätselt in diese und jene Richtung, da hat der junge Diplomat Geyrenhoff die einfachste Erklärung: Es war ein spontaner Akt der Sehnsucht und des Fernwehs. Und den unmittelbaren Auslöser für die Flucht stellt er sich so vor:

„[Sie] ist vielleicht einmal vor dem Schaufenster eines Übersee-Reisebureaus stehen geblieben und hat dort das Modell von so einem großen Passagierdampfer betrachtet. Irgendwas hat ihr dabei besonders gefallen, es kann der Glanz des Lacks gewesen sein oder ein paar Manderln, die zur Veranschaulichung der Größenverhältnisse am Vordersteven aufgestellt waren. Vielleicht war da rückwärts als Prospekt ein Gestade mit Palmen nachgebildet. Und am selben Nachmittag hat sie in einem Geschäft Muskat-Nuß und Zimt gerochen. Oder sie hat grad vor dem Grand-Hotel einen feschen Fregattenleutnant stehen sehen.“ (Heimito von Doderer: Die Strudlhofstiege. München 1951.. S. 201f.)

Wer die Literatur Doderers kennt, der weiß, dass der Autor geradezu buchhalterisch penibel war, wenn es um Details seiner Schauplätze, also vor allem um Wiener Straßen und Häuser ging. Es ist daher mehr als wahrscheinlich, dass ihm bei dieser Passage etwas vor Augen stand, das zu seinen eigenen Alltagswahrnehmungen gehörte. Anders gesagt: Mein Modell der KFJ könnte die Vorlage für diese Szene bei Doderer sein. Wäre das so, könnte ich gar Beweise dafür finden, würde mich das freuen!

Wer Informationen zu den Niederlassungen der Austro-Americana und ihrer Nachfolger in Wien besitzt, kann sich über das Gästebuch oder per Mail an mich wenden. Vielen Dank!

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