Baubericht, zweiter Teil

Weitere Details

Beim allmählich voran schreitenden Wiederzusammenbau galt es immer zu bedenken, welche Bereiche am Modell ich durch den nächsten Schritt nicht mehr würde erreichen können. Und da ich damit rechnen musste, dass viele dieser Schritte nicht so leicht rückgängig zu machen waren (jedenfalls nicht ohne Beschädigungsrisiko und ohne viel Zeit zu verlieren), mussten die entsprechenden Anbauteile rechtzeitig fertig sein.

Ein Beispiel für viele: die Rekonstruktion kleinerer Relingbereiche. Hier die Einfassung eines Treppenaufgangs, die sich im Ganzen erhalten hatte, aber repariert werden musste.

Waren die Teile selbst restauriert, musste ich ihre richtigen Positionen suchen. Selbst scheinbar identische Teile waren nicht immer untereinander austauschbar. Tatsächlich handelte es sich immer um Unikate, außerdem waren viele Löcher nach Augenmaß gebohrt. Infolgedessen musste jedes Teil unbedingt an seinen alten Platz!  Das Geländer unten im Bild passte z.B. nur über einen ganz bestimmten Treppenausschnitt.

Die Winschen der Ladebäume hatte ich bereits bei der ersten Demontage vom schlimmsten Schmutz befreit. Bei genauerer Prüfung ergab sich jedoch, dass sie nur nach einer Zerlegung richtig gesäubert werden könnten.

Einige wenig Kleinteile an den Winschen waren verlorengegangen und mussten durch Resinabgüsse ersetzt werden. Hier ein vollständiges Original:

Und hier eines mit neuen Rollen:

Schließlich ein Foto vom Prachtstück der damaligen Beschlagteilkunst. Für die große Ankerwinsch habe ich einige wenige Teile aus Messing nachgebaut.

Hier trocknen Leitern und Ketten nach einer Neulackierung. Eine kleine Hommage an Marcel Duchamp und seine Readymades

Wenn es eben machbar war, wurden alle Teile mit den alten Nägelchen oder Stiften wieder in den ursprünglichen Löchern befestigt. Dazu habe ich Hunderte kleiner Nägel und Stifte wieder gerichtet und entrostet. Hier der Wellenbrecher auf dem Backdeck. In diesem Stadium hatte die Arbeit an dem Modell etwas vom Zusammensetzen eines exakt konstruierten Bausatzes. Das entschädigte sehr stark für die vielen langwierigen Reinigungsarbeiten.

Der Einbau von Decks und Aufbauten

Das erste Deck

Im März 2013 begann das Aufregendste, was ich in meiner Modellbauerlaufbahn bisher erlebt habe. Es galt jetzt nämlich, die Decks und Aufbauten auf den Rumpf aufzusetzen.

Warum sollte das ein Problem sein? Nun, weil Rumpf und Deck in beiden Ebenen gebogen sind (Decksprung/Balkenbucht) und ich befürchten musste, dass sie nach der langen Trennung voneinander nicht wieder aufeinander passen würden. Tatsächlich hatten schon die schottischen Erbauer mit ein paar kleinen Schrauben an verborgener Stelle der Passgenauigkeit nachgeholfen. Ich selbst hatte vor Jahren nach ein paar ersten Passproben noch weitere Schrauben angebracht. Außerdem hatte ich einige Teile an ihren Berührungspunkten behutsam „aufeinander zu gespachtelt“ und anschließend wieder voneinander getrennt:

Dennoch bedurfte es jetzt viel Geruckels und Geschiebes, noch einiger weiterer Schrauben und mehrerer Stunden Feinjustierung, bis nach 100 Jahren und vier Monaten der Rumpf zum zweiten Mal verschlossen war. Und so sah das aus:

Das Modell hatte jetzt auch wieder ein "Gesicht", weil der erste Aufbau vorne 12 große Fenster zeigt.

Vor lauter Euphorie über das Gelingen habe ich gleich die Reling im hinteren Bereich des Decks rund um den 2. Mast rekonstruiert. Einzig das helle Stück rechts im Vordergrund musste neu hergestellt werden. Das Bild zeigt übrigens auch im Vergleich den frisch eingepassten Handlauf im oberen Deck und den mehrmals bearbeiteten im unteren. Die durchgebohrten Löcher für die Relingstützen wurden zunächst mit ein wenig Sekundenkleber gefüllt, dann mit Spachtelmasse. Es folgten das vorsichtige Verschleifen und zwei Lackierungen.

Nun, da dar unterste Aufbau fertig war, ließ sich auch ein wenig transatlantische Atmosphäre aus der Sicht eines Passagiers der Dritten Klasse einfangen. Die quer verlaufene Reling teilte seinen "Außenbereich" von dem der Passagiere Zweiter Klasse.

Noch mehr Reling

Und damit (auf die Gefahr zu langweilen) noch einmal zur Reling. Bei der Zerlegung des Modells  hatte ich größte Ängste, einen originalgetreuen Wiederaufbau der Reling nicht bewerkstelligen zu können. Denn einige Relingstützen zerbrachen, so vorsichtig ich sie auch herauszuziehen suchte. Tatsächlich waren sie mit ihren angespitzten Füßen direkt ins Holz getrieben worden, daher saßen sie ziemlich fest. Außerdem zerbrachen die filigranen hölzernen Handläufe, natürlich immer direkt an einem Loch. Ich habe sie mit Epoxydharz geklebt, manchmal bedurfte das mehrerer Versuche.

Noch einmal der Ablauf der Rekonstruktion, wie er sich nach vielen Versuchen als der sinnvollste herausgestellt hatte; es handelt sich hier um die Reling am mittleren Deck des achteren Aufbaus.

Wie immer beginnt es mit vielen stark oxydierten sowie teilweise lackierten und verbogenen Relingstützen:

Wenn sie gesäubert und gerichtet waren, fädelte ich sie auf 0,5 mm Messingdraht. In diesem Zustand konnte man sie noch einmal sehr erfolgreich (z.B. mit einem Schleifschwamm oder einem Glasfaserreiniger) bearbeiten, denn jetzt hielten sie endlich hübsch still. Für den Zustand meiner Fingernägel bitte ich um Entschuldigung. Wo gehobelt wird und so weiter.

Dann wurde die Reling eingesetzt. Dabei mussten einzelne Löcher nachgebohrt werden. Die Dicke und Länge der Relingstützenfüße differierte nämlich stark, da die Teile nicht aus einer genormten Serienproduktion stammten.

Dann wurde der bereits vorlackierte Handlauf aufgesetzt. Jetzt sollte gewissermaßen Löchlein zu Löchlein finden, so wie das vor 100 Jahren funktioniert hatte. Und siehe da: Es klappte ganz gut. Ein schönes Gefühl!

War der filigrane Handlauf endlich durch die vielen Relingstützen so gut fixiert, dass man ihn etwas härter anfassen konnte, wurde er gleich gespachtelt und geschliffen.

Es folgte die zweite Lackierung und eine Füllung der letzten Löcher und Risse mit einem Feinspachtel.

Dann nur noch zwei (oder drei) weitere Lackierungen, und die Reling war fertig...

Abschließend noch ein Blick auf eine begleitende Arbeit aus der Abteilung "Die Mühen der Ebenen". Ich musste nämlich immer genau auszählen, wie viele intakte Relingstützen mir geblieben waren. Hier so eine komplette Probeaufstellung auf einem Deck des mittleren Aufbaus:

Zum Glück reichten die intakten Stützen für die großen, zusammenhängenden Bereiche, in denen ich keine neuen Stützen aus dem Modellbauzubehörangebot hätte verwenden können, weil die nicht gepasst hätten. Neue Stützen habe ich dann z.B. bei den Treppenabgängen, also bei kleinen Einheiten eingesetzt, zu denen man die Differenzen nicht wahrnehmen konnte.

Das Richtfest

Wie ich immer befürchtet hatte, hatten sich die Decks in den Jahren, die sie getrennt vom Rumpf verbracht hatte, wieder ein wenig gegen die Balkenbucht gebogen. Wie das Foto zeigt, war der Abstand des zweiten Decks zum unteren Schanzkleid zwei bis drei Millimeter zu groß.

Mit den oben und unten angespitzten Stützen ließ sich das Deck also leider nicht mehr fixieren. Die Löcher waren mittlerweile zu groß, die Stützen klemmten nicht. Ich hätte jetzt versuchen können, die Stützen einzukleben. Aber ich habe es getestet: Die Kraft, mit der man das obere Deck in Position drücken musste, war gewaltig. Außerdem sind die Spitzen der Stützen sehr kurz und boten daher dem Kleber wenig Fläche.

Daher die Alternative, besser gesagt, ein Trick: Ich habe die Bohrungen im Schanzkleid des unteren Decks vertieft und einen 0,8 mm Draht eingeführt, der fest verklebt werden konnte. Dann wurde er durch die entsprechende Bohrung im oberen Deck gesteckt und so abgelängt, dass er mittig im Deck endete. Wenn ich jetzt mit Gewichten das obere Deck in Position brachte und Flüssigkleber von oben in die Stützenlöcher träufelte, konnte ich das Deck fixieren. Hier eine Stellprobe:

Es sind immerhin 17 Stützen pro Seite, die Last zum Aufdrücken des oberen Decks ließ sich also gut verteilen. Schließlich konnte ich die runden Stützen mit schmalen Messingstreifen nach vorne verblenden (und so auch evtl. kleine Abweichungen kaschieren).

 

Der 10. März 2013 war dann der große Tag, an dem das letzte Deck aufgelegt und befestigt wurde.

Zuerst, wie mittlerweile Routine, die Reling des vorletzten Decks:

Dann das vordere Schanzkleid. Handlauf und Schanzkleid sind getrennte Teile, die wieder verstiftet wurden:

Es folgten der letzte Aufbau und einige wenige Anbauteile: Lüfter, die durch zwei Decks reichen; Bänke; vier Treppen mit ihren Geländern:

Und dann, Tusch!, das abschließende Bootsdeck. 34 Stützen mussten in 34 Löcher passen, die nicht zu tief aufgebohrt sein durften, damit sie über die Stützen Druck auf das darunter liegende Deck ausüben konnten. Eine nackenverrenkende halbe Stunde später:

Fertig! Eine Orgie des rechten Winkels war es nicht geworden, allerdings konnte ich hier und da noch einige Begradigungen vornehmen und v.a. durch die Verblendung der Stützen das Auge des Betrachters noch ein wenig täuschen.

Ich vermochte damals kaum so recht zu begreifen, dass jetzt das Hauptstück der Arbeit getan sein sollte. Nach sechseinhalb Jahren war ein Punkt erreicht, da endlich ein (gutes) Ende abzusehen war. Gleich im Anschluss an das Auflegen des Bootsdecks begann ich mit einer ersten Stellprobe der Anbauteile. Unfassbar, dachte ich, als ich die Schornsteine, die Lüfter und die Boote an ihren Platz stellte, ich bin wirklich oben angekommen!

Das war's also. Davor hatte ich gezittert. Was wäre gewesen, wenn die Decks so verzogen gewesen wären, dass sie nicht mehr aufeinander gepasst hätten? Nach sechs Jahren alles in eine ewige Abstellkammer schieben? Nicht auszudenken! Jetzt aber konnte eigentlich nichts wirklich Schlimmes mehr passieren!

Oder doch? Wenige Tage später verschaffte sich ein Eichhörnchen Zugang zur Werkstatt und geriet, als es den Ausweg nicht mehr fand, in Panik. Einiges geriet durcheinander. Gläser fielen von Regalen. Das Modell blieb zum Glück unbeschädigt.

 

Der achtere Aufbau

Der achtere Aufbau der KFJ beherbergte u.a. die Krankenstation. Dieser Bereich musste möglichst getrennt von den anderen Unterkünften sein, da die Auswandererschiffe regelmäßig mit Passagieren konfrontiert waren, die ansteckende Krankheiten hatten. Tatsächlich waren die Reedereien verpflichtet, Passagiere, die wegen solcher Krankheiten in den USA oder anderswo abgewiesen wurden, wieder zurück auf den Kontinent zu bringen.

Am Modell war dieser Bereich besonders beschädigt, womöglich durch einen weiteren Sturz:

Die hintere Brückennock war an Backbord regelrecht zersplittert.

An Steuerbord war ein Teil des obersten Decks abgebrochen.

Schon in einer frühen Phase der Restaurierung hatte ich versucht, das oberste Deck zu retten, zunächst durch eine Ergänzung der Brückennock mit Holz und Furnier:

Dann durch ein Wiederankleben des abgebrochenen Deckstückes. Die erste Arbeit war aufwändig, die zweite heikel. Nach mehreren Versuchen bekam ich aber eine belastbare Verbindung zustande.

Es folgten die bekannten Stadien der Oberflächenveredelung. Zuerst die Laibhölzer einzeichnen.

Dann die Planken. Dabei immer wieder messen, messen, messen, damit sich ein gleichmäßiges oder wenigstens stimmiges Bild ergibt.

Das vollständig „beplankte“ Deck wirkte dann übrigens wesentlich sauberer als das abgeschliffene Holzteil, von dem sich die Spuren der Beschädigungen nicht vollständig hatten wegschleifen lassen.

So sah der untere Teil des achteren Aufbaus aus, nachdem alle Beschlagteile in seinem Umfeld befestigt waren:

Und das sind die folgenden Aufbauten sowie das abschließende kleine Bootsdeck, hier noch nicht ganz fertiggestellt:

Auf dem Foto ist allerdings zu erkennen, dass das achtere Bootsdeck Ärger machen würde. Es war auch nach der Restaurierung noch ziemlich verzogen. Um es dann möglichst stimmig auf den Aufbau zu bekommen, musste viel getrickst werden, u.a. mit Stützen aus Messing, die das Deck wieder nach oben bogen. Schließlich aber kam ich doch nicht umhin, zwei kleinere Bereiche des Decks an den hinteren Brücken mit dem Aufbau zu verkleben. Das war eine schmerzliche Abweichung vom originalen Baukonzept, in dem ja Klebstoff nicht vorkam. Um eine Verklebung zu vermeiden, hätte ich allerdings ein neues, unverzogenes Deck bauen müssen; und diese Abweichung wäre ja ungleich gravierender gewesen. Hier ein Foto vom Klebevorgang:

Schließlich fehlte nur noch die Reling, die allerdings im Bereich der Brücke nicht ganz leicht zurecht zu biegen war, insbesondere da ich den Ehrgeiz entwickelt hatte, ganz wie beim Original das Geländer der Treppe aus dem oberen Relingdurchzug übergangslos zu formen. Auch das gelang, nachdem ich es endlich geschafft hatte, mir zwei weitere Arme wachsen zu lassen.

Sehr hübsch: das Steuerrad und die Maschinentelegraphen, die sich neben vielen anderen Teilen in den Kästen fanden, in denen der Vorbesitzer lose Teile gesammelt hatte.

Boote und Davits

Als nächstes warteten wieder aufwändige Serienarbeiten auf mich. Ich schaffte also die KFJ aus der Werkstatt und widmete mich den Booten und Davits.

Die Davits waren ein Problem für sich: Denn leider gab es davon große einfache, große doppelte, kleine einfache und kleine doppelte und die einfachen noch als linke und rechte. Und natürlich fehlte von jeder Art mindestens einer!

So sahen die Teile aus, nachdem ich sie von der (misslungenen) Überlackierung befreit hatte:

Ich habe dann versucht, ein Teil zu demontieren, natürlich sehr vorsichtig. Das gelang! Der Arm des Davits war mit dem Rahmen nur schlecht verlötet, die Gewindestange war mit einer winzigen Mutter gesichert und ließ sich tatsächlich entfernen. Den Arm, der aus sehr weichem Messing besteht, habe ich dann vorsichtig flach geklopft (rechts im Bild):

In diesem Zustand konnte ich ihn und seine Kollegen abformen. Die Abgüsse habe ich im nicht ganz durchgehärteten Zustand aus der Silikonform genommen und in die richtige Form gebogen.

Und so entstand wieder eines meiner konstruktivistischer Kleinkunstwerke: „20 Davits“ (Messing, Resin, Polystyrol).

Darin steckte eine Menge Arbeit. Auch die Rahmen sind abgegossen, für eine einteilige Form musste allerdings der obere Abschluss weggenommen und je einzeln durch ein Polyteil ergänzt werden.

Oben im Bild vorne ein Nachbau, hinten ein Original. Die Gewindestangen sind wie beim Original aus Messing, die Kurbeln sind aus Draht geformt. Die winzigen Muttern sind für die Nachbauten aus 1,2 mm Muttern zurechtgefeilt, die Rollen aus jeweils 3 Polyscheiben gebaut. Insgesamt musste ich zwar nur 6 von 20 Davits nachbauen, allerdings waren es 5 verschiedene! Und auch alle anderen mussten ziemlich aufwändig gesäubert, repariert und teilweise ergänzt werden.

Von den Davits zu den Booten. Bis auf eines waren sie alle vom Bootsdeck gefegt; erstaunlicherweise waren aber im Gegensatz zu den Davits alle bis auf eines noch vorhanden.

Es waren insgesamt 24 Boote. Wie die Davits hatten sie unter den laienhaften Umlackierungen besonders gelitten. Zu dritt durften sie schon kurz nach der Demontage des Models in den geschlossenen Aceton-Wellness-Pool:

Dabei stellte sich heraus, dass sie vermutlich zunächst weiß, dann schwarz und dann wieder weiß übermalt worden waren. Das deckt sich mit Fotos des Originals in seinen verschiedenen Epochen.

Ich habe die Boote zunächst mehrmals geschliffen und grundiert, schon um besser sehen zu können, wo sie vor der letzten Lackierung noch ausgebessert werden mussten. Die meisten zeigten schlimme Macken, vermutlich beim Kontakt mit den Davits entstanden. So sah das noch ganz gut aus:

Beim näheren Hinsehen zeigte sich jedoch, was noch alles zu tun war:

Bild 168

Aber irgendwann war es geschafft:

Jedes der Boote wurde schließlich dreimal grundiert (mit Zwischenschliff) und zweimal lackiert. Die kleinen Ösen sind aus Draht gebogen. Von den Stützen, auf denen die Boote stehen, war kein einziges Original mehr enthalten. Ich musste daher eines entwerfen, eine Form bauen und über 50 mal abgießen. Dann wurden die Stützen an die Boote geklebt und lackiert.

Die Originalboote hatten, wie ich am Modell in Genua sehen konnte, einen braunen Papierstreifen am Dollbord. Ich weiß bis heute nicht, was er eigentlich darstellen soll, die Boote sind ja eigentlich mit „Plane“ dargestellt. Aber ich musste nicht drüber nachdenken, sondern es nur nachbauen. Also habe ich Papier in meinem Corporate Identity Humbrol Holzbraun gestrichen und in schmale Streifen geschnitten. Die sind auf die Bootskanten geklebt, mit verdünntem Holzleim. Der hat zwar wenig Haftkraft auf dem Lack, überschüssiger Kleber lässt sich aber sehr gut entfernen. Anschließend musste ich die unter dem Dollbord vorhandenen Löcher mit 0,5 mm aufbohren und mit Kupfernägeln (Kopf 1,2 mm) versehen und dann…

Ja, da war wieder ein Stolperstein, der beseitigt werden musste. Das „Tau“, das in schönen Bögen von den Bootskanten hängt, war im Original ein aus mehreren dünnen Drähten geschlagener Messingdraht. Dergleichen hatte ich aber weder im Netz noch in Läden gefunden. Schließlich musste ich mir eine kleine Reeperbahn kaufen und solchen Draht aus drei 0,2 mm Messingseelen schlagen. Später noch mehr davon!

Und weiter: Messingdraht um die Nägel winden, ausrichten, abschneiden, Nägel festdrücken. Alles putzen. Kleine Lackschäden ausbessern. Und eine Stellprobe arrangieren:

Blieb noch eine Arbeit: mich darüber zu freuen, dass ich dergleichen voraussichtlich nicht mehr machten müsste, denn so richtig lustig, spannend und abwechslungsreich war es spätestens nach dem 10. Boot nicht mehr.

Brücke und Kartenhaus

In psychologisch nicht ungeschickter Manier hatte ich zwischen die langwierigen (und langweiligen) Serienarbeiten (Davits, Boote) andere Komplettierungsmaßnahmen geschoben, die wesentlich schneller von der Hand gingen, weil alle Vorarbeiten längst erledigt waren und sichtbare Erfolge sich daher schnell einstellten.

So konnte jetzt z.B. die Brücke zusammen mit dem Kartenhaus und dem Beobachtungsdeck aufgesetzt werden. Alle Teile waren vor Jahren schon zusammen mit den Aufbauten zerlegt, gesäubert, neu lackiert und neu bestückt worden. Hier der fertige Bereich.

Allerdings steckt in diesem Ergebnis wesentlich mehr Arbeit, als das Bild oben zeigt. Hier eine Ansicht des Ausgangszustandes:

Die Brückennock an der Backbordseite war, vermutlich bei einem Sturz, schon vor Jahrzehnten abgebrochen, wie auf dem alten Foto zu sehen:

Ganz ähnlich 63 Jahre später:

Es folgen Bilder von der Zerlegung dieses Bereichs.

Leider stellte sich dabei heraus, dass das hölzerne Schanzkleid der Brücke durch die Feuchtigkeit stark verrottet war. Es ließ sich nicht mehr reparieren. Kaum hatte ich zwei Bruchstücke erfolgreich zusammengeklebt, brachen sie an einer anderen Stelle wieder auseinander. Hier musste ich also einen Ersatz bauen. Zuerst bedurfte es dazu einer Eigenholzspende des Modells, um den Boden für die neue Nock herzustellen:

Dann hatte ich ein neues Schanzkleid zu bauen. Die Rundung bildete eine passende Holzleiste, die auf der Rückseite vielfach eingesägt, dann gebogen, geschliffen und mit Kunstharz verstärkt wurde.

Der Kartenraum war ebenfalls dem Verfall besonders preisgegeben. Vor einer Neubestückung mit Fenstern etc. musste der Korpus neu zusammengefügt werden. Das machte fast so viel Arbeit wie die Restaurierung der wesentlich größeren Aufbauten, die unter den Decks relativ gut gegen den Verfall geschützt waren.

Hier noch zwei Fotos von weiteren kleinen Aufbauten auf dem Bootsdeck. Im Gegensatz zu Brücke und Kartenhaus mussten diese Teile nur gereinigt werden. Hier sind auch die Original-Bullaugen an ihrem Platz geblieben. Kleine Beschädigungen und Holzverzug habe ich manchmal in Kauf genommen.

Die Schornsteine

Die „Betreuer“ des Modells (also vermutlich die Angestellten im Wiener Reisebüro) hatten es, wie gesagt, mehrfach umgestaltet, immer in Anlehnung an das Original. In den 30er Jahren wurde das Modell daher auch weiß überlackiert. Außerdem wurden die Schornsteine wahrscheinlich mehrfach gekürzt und in den Farben der jeweils neuen Reederei angemalt. Nett gemeint und sicher marketingmäßig sinnvoll, aber leider gar nicht schön gemacht. Insbesondere bei der Kürzung der Schornsteine und der mehrfachen Übermalung der Rettungsboote ist viel kaputtgegangen; leider sind dabei auch viele Teile wie die Spannschrauben der Schornsteinstage und die Ausrüstung der alten Schlote verlorengegangen.

Am vorderen Schlot erkennt man nach dem Abschliff die alten Farben der Austro-Americana, während der hintere noch die des Lloyd Adriatico trägt.

Die Arbeiten an den Schornsteinen begannen bei dem flachen Podest, auf dem sie stehen. Es war, weil der Verwitterung besonders ausgesetzt, stark beschädigt und verdreckt.

Doch es sah schlimmer aus, als es war. Leim, Schleifpapier, Farbe und Tinten-Beplankung konnten hier (im Gegensatz zum Schanzkleid der Brücke) den Bestand komplett retten:

Als schwieriger erwies sich die Rekonstruktion der Schornsteine. Zunächst habe ich einen Schlot teilweise abgeformt, dann die beiden Stummel mit den Gussteilen verlängert. Dazu wurden das Gussteil „angeschient“, der Zwischenraum mit Resin ausgegossen und schließlich alles verschliffen.

Die Konstruktion der Schornsteinkappe orientierte sich an den Fotos vom Schwestermodell in Triest. Sie ist aus Polystyrol und Spachtelmasse aufgebaut, oben liegt ein dünnes, geflochtenes Messinggitter.

Hier sitzt die Kappe bereits probeweise auf dem Schlot.

Der Schlot selbst wurde in den Farben der Austro-Americana lackiert; zuerst ganz in Weiß, dann folgten die roten, dann der schwarze Bereich. Eine Stellprobe am Modell zeigte, ob die ausgemessenen Abstände für die Lackierung stimmten. Es ist, nebenbei bemerkt, eine Teufelsarbeit, an schiefen platten Röhren identische Punkte zu definieren!

Die profilierten Schornsteinringe waren am Originalmodell sicher aus Messing. Ich habe sie aus Polystyrol nachgeahmt und abgegossen. Die frischen Abgüsse habe ich um einen Schlot-Dummy gewickelt, fixiert und aushärten lassen. So vorgebogen, ließen sie sich leichter positionieren und wie beim Original mit Messingstiften befestigen.

Nun galt es noch, vor dem Einsetzen der Schornsteine einige Beschlagteile einzusetzen, an die ich später schlecht herangekommen wäre. Auch dabei durfte ich wieder sehen, dass, weil alles an diesem Modell Handarbeit ist, nichts genormt ist. Oder schlichter formuliert: Kaum ein Teil passte an die Stelle eines ähnlichen. Da hieß es suchen und probieren, bis jeder Stift sein Löchlein auf dem Deck gefunden hatte. Sollte ich noch einmal ein solches Modell zerlegen (dürfen), werde ich die Einzelteile erheblich genauer beschriften und katalogisieren!

An den Schloten fehlten noch die Leitern sowie (am vorderen) eine kleine Plattform für Horn und Pfeife. Die Leitern erwiesen sich als Problem. Fertig zu kaufen gab es natürlich nichts, die Teile sollten ja in der Machart den am Modell noch vorhandenen möglichst ähnlich sehen. Dazu hätte ich aber in regelmäßigen Abständen und mittig Löcher in einen 2 mm Messingstreifen bohren müssen. Bei meiner technischen Ausstattung ein Ding der Unmöglichkeit. Ich habe mir nicht einmal einen 2 mm Messingstreifen beschaffen können! Vom gleichmäßigen Bohren zu schweigen. Ein Versuch, eine Lochleiste aus dem Handel aufzulöten und als Bohrmaß zu verwenden, scheiterte krachend. Das Material war zu dünn.

Dann hatte ich eine Idee. Ich besorgte mir ein 2 mm L Profil (im Gegensatz zu den Streifen im Handel erhältlich!) und benutzte den einen Schenkel als Führung für den Bohrer. Das gelangt! Die Löcher waren mittig und fluchteten (so einigermaßen). Dann lötete ich je zwei L Profile zusammen, um identische (nun ja: ähnliche) Teile zu erhalten.

Um so eine Leiter wie die im Hintergrund zu bekommen, mussten die Teile natürlich wieder getrennt und die „Führungsschenkel“ abgeschliffen werden. Dann 0,5 mm Messingdraht durchstecken und einzeln verlöten.

Und hier die fertige Leiter am Schlot. Zwei nicht gekappte Sprossen dienen, umgebogen, als Befestigung. Ich bin auf dieses Teil sehr stolz, es hat mich viel Hin- und Herdenken gekostet, sieht aber in der Machart den Originalen, die sich noch an den Masten und anderswo fanden, ziemlich ähnlich.

Die Plattform am vorderen Schornstein habe ich aus Messingprofilen, einem Drahtgeflecht und Rundmaterial hergestellt. Das Horn ist ein 1:100 Zubehörteil für die Kaiserliche Marine, das ich passend gefeilt habe, die Pfeife ein bescheidener Eigenbau. Vorbild waren natürlich wieder die Fotos vom Schwestermodell.

Masten und Ladebäume

Nachdem Schornsteine, Davits und Boote soweit einbaufertig waren, ging es an das letzte große Teilstück der Restaurierung, an den Neuaufbau der Masten und des Ladegeschirrs. Zur Erinnerung: So sahen die Masten aus, als ich das Modell bekam:

Hier war nun gar nichts heil geblieben. Allerdings waren die allermeisten Teile noch vorhanden, fast alle sogar. Die Ersterbauer hatten nämlich auch für Wanten, Stage und sogar für das laufende Gut der Ladebäume einen dünnen, geschlagenen Messingdraht verwendet, der jetzt wie die Arme einer resoluten Mutter alles zusammenhielt, was im Gedränge und Gezerre verloren zu gehen drohte. Es waren allerdings alle hölzernen Teile, z.B. alle Ladebäume, mehrfach gebrochen. Ich habe also zuerst die Ladebäume (teils mit innen versenkten Messingschienen) wieder zusammengeklebt, geschliffen und neu lackiert. Dabei mussten auch die schönen Messingrollen und ihre Befestigungen einzeln gereinigt werden.

Hier ein Blick auf einen Teil der Beschlagteile, die ich aus dem Wust der Mastentrümmer herausschneiden konnte. Alle mussten sie aufwändig entrostet und gesäubert werden:

Der Ausguck am vorderen Mast:

Die Spannschrauben, kleiner als die heute im Handel erhältlichen, mussten überdies wieder gängig gemacht werden, da sie eingerostet waren. Das ist tatsächlich bei allen gelungen.

Im Gegensatz zu den Ladebäumen ließen sich die Masten selbst nicht reparieren. Ich habe es versucht. Sie waren mehrmals gebrochen und es fehlten Stücke. Ich habe die Reste geschient und die Fehlteile ersetzt, aber das Ergebnis hatte eine erkennbare Spiralform. Das sah unmöglich aus. Also habe ich die Masten aus Raminstäben neu hergestellt und zurecht geschliffen. Die alten Masten waren allerdings noch dafür gut, die Positionen der Beschlagteile zu ermitteln. Meine erklärten Lieblinge unter den Beschlagteilen sind die Lampen (weiß lackiertes Messing), direkt gefolgt von den filigranen Leitern. Die schwarzen Querträger halten die Rollen für das Ladegeschirr.

Die Signalrah am vorderen Mast war unter den spurlos Verschwundenen. Ich habe sie nach dem Vorbild des Schwestermodells nachgebaut. Alle Holzteile sind übrigens mit derselben Modellfarbe gestrichen wie u.a. die Handläufe, die Barkhölzer und die Borde der Rettungsboote. Wie gesagt: Corporate Identity, gewissermaßen.

Hier die massiven (Messing)Sockel für die Ladebäume, die auch die Neigung der Masten bestimmen. Diese Teile brauchten ebenfalls eine neue Lackierung:

Das Problem der Beschaffung von geschlagenem Messingdraht hatte ich ja schon beim Bau der Boote durch Selbstherstellung gelöst. Also konnte ich mit dem Anbringen des stehenden Gutes beginnen. Ich habe mich bemüht, alle aus dem Wust der zerschlagenen Takelage geretteten Beschlagteile wieder zu verwenden. Hier zunächst eine Reihe von Spannschrauben, die Wanten und Pardunen halten. Ohne diese sehr filigranen, aber auch etwas heiklen Teile wäre es nun allerdings gar nicht möglich gewesen, mit dem Messingdraht zu arbeiten, da er überhaupt nicht elastisch ist und sich nur sehr schwer von Hand nachspannen lässt. (Oder eigentlich gar nicht.) Da brauchte es die Spannschrauben. Allerdings war das Ergebnis ein sehr sehr fest verankerter Mast!

Wie schon mehrmals zuvor habe ich erst beim Zusammensetzen der Teile ihre sinnvolle Konstruktion begriffen. Die Marse (oder Rollenhalter) haben Öffnungen, durch die man einen Stift sieht, der sich seitlich einschieben lässt, um dann die Augen an den oberen Seiten der Wanten aufzunehmen. Hätte es diese Vorrichtung nicht gegeben, man hätte sie erfinden müssen; denn nur mit ihr war es überhaupt möglich, die Länge der Wanten zu bestimmen: Ich habe zuerst die Spannschraube angebracht und befestigt, dann den Draht durch den Mars gezogen und um den Stift geknickt! Vorteil des Drahtes: Er „merkte“ sich den Knick.

Für die Stage musste ich neu angeschaffte Spannschrauben einsetzen. Ich konnte sie mit der Trennscheibe leicht verkleinern, um sie den anderen anzupassen. Selbstgebaute wären vielleicht noch ähnlicher, aber dafür nicht funktionstüchtig gewesen. Und dazu siehe oben!

Auch dies übrigens eine von den mühsamen Serienarbeiten. Ich musste etwa 30 neu gekaufte Spannschrauben einsetzen, weil die Schornsteinstage am Modell nicht erhalten waren. Hier ein neues Exemplar neben einem Original:

Und so sah es aus, nachdem es verkleinert war:

Und so nach der Brünierung. Die verbliebenen Unterschiede waren zu tolerieren:

Ein teurer Spaß übrigens. So eine kleine Spannschraube kostete knapp 2 Euro!

Nach dem Spannen mussten die Wanten mit Webleinen versehen werden. Ich habe das (wie beim Original) mit dünnem Garn gemacht, das anschließend mehrfach mit verdünntem Weißleim getränkt und in Form gebracht wurde.

Die wohl allerletzte große Säuberungsaktion galt den Blöcken, die ich aus dem Chaos der havarierten Masten geschnitten hatte. Sie sind aus einem durch und durch weißen Material geschnitzt (Elfenbein?). Eine anschließende Behandlung mit dem Glasfaserradierer hellte auch die Messingfassungen ein wenig auf.

Dann ging es ans Sortieren. Natürlich fehlten ein paar Exemplare, die ich im Eigenbau (als Verkleinerungen und Lackierung von Blöcken aus dem Modellbauhandel) hergestellt habe.

Und dann konnte ich endlich beginnen, mich in das technische System der Ladebäume einzuarbeiten. Nun, ganz so komplex war das nicht. Jeder Ladebaum wird mit je einem Flaschenzug nach oben und zu beiden Seiten gehalten. Ich habe mich zuerst einmal mit dem Verlauf der Taue und den Belegpunkten vertraut gemacht und einen Ladebaumprototyp mit Takeln versehen, denen dann die Maße für alle anderen abgenommen werden konnten.

Anschließend musste ich Dutzende Blöcke einbinden, Taue ablängen und die Ladebäume so arrangieren, dass sich die Takel nicht gegenseitig den Weg versperrten. Hier die simple, aber hilfreiche Vorrichtung, die ich zum Einbinden der Blöcke und zum Ösenbilden verwendet habe.

Der Wust um den Fockmast (hier während des Auftakelns) war nicht leicht zu fotografieren. Nachdem der erste Mast vollständig getakelt war, wusste ich genau, wie es geht und was in welcher Reihenfolge wo angebracht werden musste. Leider konnte ich dieses (hart erworbene!) Wissen gerade mal auf den zweiten Mast anwenden. Welche Verschwendung! Bei MKenzie + Co. hätte ich mir jetzt mein Brot als „Rigger“ verdienen können.

... und weiter knüpfen, knüpfen, knüpfen. Die Klammern dienen dazu, die Taue stramm zu halten, bevor sie belegt werden.

Austarieren der Ladebäume mit Bleigewichten:

Die neue Signalrah; auch ihre Blöcke stammen aus der Zusatzproduktion:

Und weiter knüpfen, knüpfen, knüpfen....

Im Folgenden, unkommentiert, ein paar Bilder vom Ergebnis der Knüpferei. Von den Schulterschmerzen, die ich mir dabei eingehandelt habe, besitze ich leider kein Foto. Beim nächsten ähnlichen Projekt werde ich mir eine kleine Bank bauen, auf die ich wenigstens die Ellenbogen aufstützen kann.

So sähe es aus, wenn man einen Ladebaum komplett takeln würde und das Tau um die Winsch führte.

Und hier beugt sich der Demiurg über sein Werk. Hört man es nicht sonor tuten? Und spürt man nicht die Nervosität der Reisenden am Pier?

 

Sonnensegelstützen

Alle nicht gedeckten Bereiche des Schiffes waren im Ursprungszustand des Modells mit Stützen für Sonnensegel besetzt. Auf dem Bootsdeck sind diese Stützen wahrscheinlich im Zuge der Umbauten an den Schornsteinen verschwunden. Auf der Back hatten sich nur die mittleren gehalten. Das Schwestermodell in Triest zeigte aber das System; außerdem waren an meinem Modell noch alle Löcher im Deck vorhanden.

Hier zwei Partien im Bau:

Die vielen abwesenden Stützen mussten natürlich durch neu gebaute ersetzt werden. Versuche mit einem Messing-U-Profil scheiterten schnell, also ging es an den Selbstbau Marke „creatio ex (fast) nihilo“. Nach einer Stunde (oder zwei? drei?) des Hin- und Hertüftelns erwies sich dieses Verfahren zumindest als das schnellste:

0,8 mm Messingstange in 0,2 mm Messingschnittchen löten. Sehr hilfreich dabei: die Lötunterlage aus einem unbrennbaren Zeugs, in das man die Stange versenken kann.

Messingschnittchen seitlich beschneiden. Der Stangenüberstand dient als Führung für die Schere.

Stangenüberstand abkneifen...

.

und plan schleifen

Messingschnittchen um ein passendes Polystück zum U biegen...

und mit der Trennscheibe ablängen

Der Rohling sah dann so aus:

Und nachdem er sorgfältig geschliffen und poliert wurde, hatte ich eine verwendbare Sonnensegelstütze:

Nun hieß es nur noch, diese Prozedur ca. 120 mal zu wiederholen!

Aufstellung der Boote und Davits

Aber es sollte nicht die letzte Serienproduktion sein, galt es doch noch, die Boote an die Davits zu takeln. Dazu musste ich 60 2mm Blöcke der Firma Krick

  • kleiner schleifen
  • aufbohren
  • lackieren
  • und anschließend (auf dem Foto noch nicht zu sehen) mit dünnem Draht einbinden.

Dann erst konnte ich die Boote mit den Davits verbinden. Viel Platz war nicht zwischen Boot und Davit. Ich habe daher noch einmal alle Boote tiefer gelegt und die Blöcke nicht wie vorgesehen an einem Haken auf den Booten befestigt, sondern mit dem gezwirbelten Draht direkt darin versenkt. So war immerhin ein bisschen mehr Platz als beim Original, um einen einigermaßen sauber ausgerichteten Flaschenzug darzustellen. Hier Bilder von der fertigen Steuerbordseite.

Vier große Rettungsboote finden Platz auf dem Bootsdeck des hinteren Aufbaus.

Zwischen dem Triester Modell und meinem existiert übrigens ein signifikanter Unterschied. Bei meinem ist das hintere Bootsdeck erkennbar größer und trägt, wie gesagt, vier Rettungsboote, während das Schwestermodell (auf dem Foto unten) an dieser Stelle nur die Davits für zwei kleine Boote hat.

Ich habe dafür folgende Erklärung. Als die KFJ im Frühjahr 1912 fertiggestellt wurde, hatte sie das kleinere achtere Bootsdeck. Kurz darauf sank die Titanic, ohne genug Rettungsboote für ihre Passagiere an Bord zu haben. Darauf verpflichteten sich die Schifffahrtsgesellschaften, mehr Rettungsboote zu führen. Bei der KFJ wurde zu diesem Zweck das kleine Bootsdeck nach vorne vergrößert. Und als im Oktober 1912 das zweite Modell in Schottland gebaut wurde, bezog man diese Änderung bereits ein, um sie den Kunden im Reisebüro zur Beruhigung präsentieren zu können. (Diese Erklärung werde ich bis zum Beweis des Gegenteils glauben.)

Zu den kleinen Wundern in der zuletzt eher traurigen Geschichte dieses Modells gehörte es, dass nur ein einziges Boot fehlte, eines der kleinen, die beim Triester Modell auf dem hinteren Bootsdeck stehen und bei meinem neben den Wanten des hinteren Mastes in Davits hängen. Ich hatte anfangs überlegt, dieses so wie alle anderen „stilisierte“ oder vereinfachte Boot durch ein offenes und ganz ausgerüstetes Resinexemplar zu ersetzen. Zwei ähnliche hätte ich zur Auswahl gehabt:

Aber dann siegte wieder die Parole: Nachbau - und sonst nichts! Also habe ich eine einfache einteilige Form gebaut, die Oberseite des Abgusses in Form geschliffen...

...und schon hing das kleine Boot in seinen Davits, von denen auch nur einer verschwunden war und aus Messingdraht nachgebaut werden musste:

Schluss

So, das war's im Wesentlichen. Ein paar verstreute Baustellen gab es aber noch.

So mussten im Bereich des Hecks zwei Scheuerleisten angebracht werden. Das Material war vorhanden, ein halbrundes Polystyrol-Profil von 2 mm Breite. Aber ein Poly-Profil lässt sich nicht in zwei Richtungen biegen, was bei einem abfallenden Heck nötig ist (schräg und rund). Ich habe daher das Profil abgegossen und den frischen Abguss zunächst in die eine Richtung vorgebogen:

Anschließend habe ich ihn, immer noch nicht ganz ausgehärtet, am Heck angepasst. Erst dann wurde das Profil geschliffen und lackiert, schließlich mit Stiften am Heck befestigt:

Es fehlten auch noch die Schlingerkiele. Ein besonders heikles Teil, dessen Konstruktion ich viel zu lange aufgeschoben hatte. Am Modell waren sie offenbar schon vor einer der „Anpassungen“ abgebrochen, ihre Lage war daher erst nach dem Abschleifen des übermalten Unterwasserrumpfes zu erkennen. Außerdem konnte ich mich am Schwestermodell orientieren. Ich habe ein Urmodell aus Polystyrol zurecht geschliffen und dann abgegossen. Ähnlich wie bei den Scheuerleisten am Heck habe ich den halbharten Abguss mit Klebestreifen am Rumpf angepasst. Ganz ausgehärtet, wurde er mit Löchern versehen, durch die hindurch Befestigungslöcher am Rumpf gebohrt werden konnten. Hier die zwei Kiele in verschiedenen Stadien. Der lackierte hat bereits eingeklebte Stifte (die von Klebebändern verdeckt werden):

Schließlich wurden die fertigen Kiele mit den Stiften in den Rumpf gedrückt.

Die Schlingerkiele sind nicht angeklebt und bleiben demontierbar. Ich habe die Sorge, dass sie einmal beschädigt werden könnten. In diesem Falle ließen sie sich leicht ersetzen, ohne den Rumpf zu beschädigen:

Und dann noch eine Petitesse. Ich hatte überlegt, ein paar passende (1:100) Passagiere als Größenvergleich zu platzieren. Sie sollten aber nicht realistisch lackiert werden, sondern weiß bleiben wie die entsprechenden Figuren in Architekturmodellen. Von der Firma Preiser gibt es solche Figuren. Ich habe einige davon zu Gruppen zusammengeklebt und mit einem durchsichtigen Fuß versehen. Natürlich sollen sie nirgendwo angeklebt werden!

Hier werfen die Passagiere gerade vom Schornsteinpodest aus einen kritischen Blick auf die Rettungsboote und fachsimpeln über den Untergang der Titanic.

 

Ende des Bauberichts, Juli 2013.

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